Robel Temesgen in der Kunsthalle Lingen „Faces of Stories“

Robel Temesgen (*1987 in Äthiopien) ist Träger des 25. Lingener Kunstpreises.

Eye of Adbar 2
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An einem der letzten Tage der Ausstellungsdauer besuche ich die Kunsthalle Lingen und werde von den im großen Raum hängenden Bildern magisch angezogen. Sie sind auf schwerem breiten Rollenpapier gemalt, teilweise als Einheit nebeneinander gehängt, in einer Länge zwischen 2 und drei Metern. Diese Art der Präsentation vermittelt mir den Eindruck des Vorläufigen oder Leichtem oder besser gesagt: „man könnte sie einfach zusammenrollen und weiterziehen und an einem anderen sich anbietenden Ort wieder ausrollen und hängen“.

Eye of Adbar 3
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Die Arbeiten sind Angebote, die mich faszinieren und denen ich mich gerne nähere. Ich freue mich über kluge Aufteilung der Bildfläche, die differenziert eingesetzte Farbe und Farbigkeit, den Wechsel von Kleinteiligkeit und Fläche, wichtige Linien, um eine Form zu betonen. Überrascht bin ich von der Bronze oder auch vom Silber und vom glänzendem Schwarz. Die organischen Formen beinhalten Muster aus der Natur und sind teilweise formatfüllend bzw. auf dem Bildträger freigestellt gemalt.

Jebena

In einem Nebenraum der Kunsthalle sehe ich eine Bodeninstallation. Die hellrote Fußbodenfläche ist mit Sand von den Wänden abgegrenzt und wird dadurch zu einem Teppich, auf dem eine große Menge an Gefäßen steht. Sie erinnern an die äthiopische Kaffeekultur, stellen sich aber selbst infrage, weil sie zu viele Öffnungen haben.

Etwas ratlos werde ich, wenn ich in den Publikationen Erklärungen lese, die Hintergründe zu den Arbeiten von Robel Temesgen liefern. Ich denke, die Bilder sprechen für sich und es freut mich sehr, sie gesehen zu haben.

18.11.22, Duisburg, Museum Küppersmühle

Auf dieses Gebäude lief ich zu und mußte erst einmal den Eingang finden; man rechnet nicht damit, dass Besucher zu Fuß kommen.

Hier war ich richtig. Und ich kam in eine großartige Ausstellung mit Bildern, die ich schon teilweise 2009 in der Galerie Vidal-Saint Phalle in der Rue du Trésor in Paris gesehen habe. Besonders „Lilith“ ist mir in Erinnerung. Der kleine Galerie-Raum, in dem das recht große (210×185 cm) Bild hing, roch noch sehr nach dem verarbeiteten Wachs. Das war in Duisburg in den riesigen Räumen natürlich nicht der Fall.

Diesen kleinen fein gebundenen Katalog hatte ich mir mitgebracht. Er bezieht sich im Aussehen auf die Arbeitsweise von M. Assig.

Welt. Welt., 2021, Tempera auf Leinwand, Ausschnitt.
Hier verwendet Assig nicht mehr die Enkaustik auf Papier auf Holz.

Nach dieser Fülle an Eindrücken ist es mir fast nicht mehr möglich, noch mehr aufzunehmen. Trotzdem laufe ich noch durch das 1. und 2. Obergeschoss. Die Informel-Maler kommen mir auch etwas müde vor. Wach werde ich wieder bei Michael Schoenholtz, Bernard Schultze und Hann Trier.

Am Bahnhof Duisburg steht der Thalys zum Gare du Nord…..

In Worpswede am 5.11.2022

Mit dem Regionalzug nach Bremen, umsteigen in den Bus 670, dort wo auch lebende Schlafsäcke liegen. Das ist ein seltsamer Gegensatz zu den Fahrgästen, die wegen der Kunst nach Worpswede fahren. Nach ca. 45 Minuten Fahrtzeit Ankunft in einer anderen Welt. In der Worpsweder Kunsthalle läuft die Ausstellung „Kunst für Alle“. Ich denke, damit sind die vielen Drucke von Heinrich Vogeler gemeint, die er im Laufe seines Lebens für verschiedene Auftraggeber gemacht hat (Plakate, Illustrationen, Bucheinbände, Ex Libris, Aufrufe etc.).

Heinrich Vogeler, Kaltnadelrad. (koloriert ?)

Diese kleine Radierung hat mich sehr angesprochen wegen ihrer Vielschichtigkeit. Ich habe versucht zu verstehen, warum der hagere alte Herr in den Untergrund stochert und auf was er dort trifft.

Eine Auswahl der fein eingebundenen Inselbücher

Dann weiter zur Galerie im Alten Rathaus: 8 Positionen Bremer Künstlerinnen zum Thema Material. Eine wunderbar kuratierte Ausstellung: sie läuft noch bis zum 27.11.2022.

U.S., die Aufsicht hatte, freut sich sehr, dass ich mich auf den Weg gemacht habe.

Dann weiter mit M. zur Großen Kunstschau: Sommerabend / Anbruch einer neuen Zeit?

Den Ort verlassen wir leicht enttäuscht, aber ausgeruht, weil wir unter der Deckeninstallation von Jost Wischnewski auf Feldbetten entspannen konnten. Natürlich haben wir auch vor dem großen Bild „Sommerabend (das Konzert)“ von Heinrich Vogeler gerätselt, wer von den dargestellten Personen wer ist. Dieses Bild ist so oft verwendet und fotografiert worden, dass irgendwie abgenutzt auf mich wirkte.

Focus V, 2022, Jost Wischnewski, Videoinstallation

Zum Schluss stolpere ich noch in die Galerie Cohrs-Zirus in die Herbstausstellung Landschaft und Figur, alte und neue Worpsweder Kunst. Ich werde sehr liebenswürdig empfangen und ich kann mir in aller Ruhe die vielen Schätze ansehen. Der Hauch vom alten Worpswede hängt in der Luft. Ein ExLibris von Heinrich Vogeler gefällt mir ausgesprochen gut und der nette Galerist zeigt mir im Werkverzeichnis die genauen Angaben dieser schönen kleinen Arbeit. Trotzdem übersteigt der Preis mein Budget.

Paula Modersohn-Becker, Alte Scheune im Abendlicht, ca. 1900

Mit diesem Bild im Kopf fahre ich nach Hause und denke dabei an die Bilder von Etel Adnan, vor einem Jahr in Paris gestorben.

Am Katzentisch, 07

Nicht dazugehören, 2022, Acryl/Öl auf Leinwand, 2 x 120 x 80 cm

Diese Arbeit ist Teil von „Am Katzentisch“. Hier nehme ich den Fokus auf das Umfeld des Katzentisches. Ich habe als Sitzgelegenheit den Monobloc-Stuhl ausgesucht. Ihn kann sich Jede und Jeder leisten. Er ist weltweit erhältlich. Auf den Stühlen sitzen Amseln, die miteinander kommunizieren. Die Vorlagen für diese Amseln sind 36 s/w Fotos von I.B., die er vor 2007 auf einer Balkonbrüstung gemacht hat. Er hat einen Vogel beobachtet. Den Film habe ich in seinem Nachlass in einer Kamera gefunden, entwickeln und vergrößern lassen. Ich habe 2008 diese Fotografien mit ca. 8 gebrauchten Damenhandtaschen, die mit 4711 getränkten Taschentüchern und Poesiealben gefüllt waren, in Bochum in der Christ-König-Kirche bei der Ausstellung: 20 Bochumer Künstler stellen sich vor, gezeigt; die Fotos lagen auf der Ablage für die Gesangbücher in einer Reihe, darunter hingen an den dafür vorgesehenen Haken die Handtaschen. Ich wollte mit dieser Installation die Traurigkeit und Einsamkeit benennen, die sich (manchmal) bei den Gottesdienstbesucherinnen einstellt.

Am Katzentisch, 04

Diese Objekte werden die 2. Version des Katzentisches (Bodeninstallation) erweitern und ergänzen. Ich stelle fest, dass das eigentliche Thema der Arbeit sich verändert und ausdehnt. Unter dem Eindruck des Krieges in der Ukraine und die zu erwartende Verknappung der Grundnahrungsmittel möchte ich diese Bedrohung ausdrücken.
Die bestehende Installation (siehe 04) wird ergänzt durch kleinere silberne Tee- und Kaffeelöffel, danach kommt eine Welle bzw. ein Schwarm von kleinen Holzlöffeln, ca. 400 Stück oder mehr. Der in der Mitte stehende Napf mit Weizen wird sicher nicht für alle reichen.
Jetzt wird die Situation kippen: Pflastersteine liegen in Reichweite. Die Nelke als Symbol der Revolution verarbeite ich zu einem Bild, das zur zornigen Katze kommt. (Katzenbild nach einer Fotografie von Elke Vogelsang aus der ZEIT-Serie: „Du siehst aus, wie ich mich fühle“).

Die GEDOK wird 95 Jahre

Bei der Ausschreibung zur Ausstellung „elementar – à la carte“ waren Künstlerinnen aus den Bereichen Angewandte Kunst / Art Design und Bildende Kunst angesprochen. Anliegen war, Künstlerinnen aufzufordern, mit dem kleinen Format zu experimentieren. Es konnten bis zu 3 Serien à 10 Karten, zu einem Thema, eingereicht werden. Ein Kartenset zusammengesetzt aus den einjurierten Karten kann im GalerieSalon erworben werden.

Ich hatte mir das Alphabet vorgenommen (natürlich mehr als 10 Karten), sowie die Zahlenreihe von 0 – 9 und die „Fingerübung“. Die Karten habe ich aus einem Aquarellkarton 600 Gramm ausgeschnitten. Dieser Karton ist sehr gut dafür geeignet. Das kleine Format 15×10,5cm hat seine eigenen Regeln und es hat eine Weile gedauert bis ich sie annähernd verinnerlicht hatte.

Nordwestkunst 2021 – ein Vergnügen

Die Künstlerin ist hocherfreut über die gute Hängung ihrer Bilder, die gute Ausleuchtung und die gute Nachbarschaft. Es war ein sehr vergnügter Nachmittag. Besonders faszinierend waren der hüpfende Deckel der Kaffeekanne, die Bodeninstallation mit den vielen unterschiedlich wollfarbenen Häkelarbeiten, dann die Fragen, wie die schwarzen Skizzenbücher von innen aussehen, waren die kleinen Scherenschnitte aus den echten Banknoten ausgeschnitten oder aus Kopien, war das Papier unter der großformatigen Ölmalerei erst mit Öl grundiert, wie waren die Farbverläufe einer kleinen Arbeit entstanden, wie ist der große Linolschnitt auf die Holzplatte gekommen. Einige Fragen konnten wir uns selbst beantworten.
Auf dem Weg zum Südstrand konnten wir die Außenarbeit „walking dialogue“ sehen. Da waren wohl schon verschieden große Mitmenschen tätig gewesen und hatten ihre Gehspuren auf der Wand hinterlassen.

Foto: Wan-Yen Hsieh (Ausschnitt)

Bitte, das Kreuz an der richtigen Stelle machen!

Zufällig liegt das X ganz oben auf dem Kartenhaufen als ich ihn fotografiere. Und da mich der Wahltrubel den ganzen Tag in den Bann zieht, kam mir der Gedanke, wie wichtig das X heute in einer Woche sein wird.

(Dieser Kartenhaufen besteht aus 30 Karten, die das Alphabet samt Umlauten und einer Schlußkarte – leider habe ich das von mir nicht geliebte Gendersternchen vergessen – darstellen).