Anne Imhof im Kunsthaus Bregenz „Wish You Were Gay“

Da ich 2017 im Oktober wegen eines Sturms meine Venedigreise absagen mußte, konnte ich die Performances von Anne Imhof im Deutschen Pavillon nicht sehen (sie bekam dafür den Goldenen Löwen). Deshalb war ich auf die Ausstellung in Bregenz sehr gespannt.

Der Zugang war für mich mühsam, obwohl ich einiges im Vorfeld gelesen hatte. Und ich war froh über das Motorrad, den still in der Gegend herumliegenden Helm und die auf Bänken liegenden Jacken. Auch daß ich auf einem der riesigen Bilder schemenhaft eine Figur entdeckte, die sich die Hand wie eine Pistole an die Schläfe hielt.

Die Inszenierungen auf den drei Etagen des Kunsthauses waren technisch unglaublich aufwändig und stellen sich durch das Ergebnis selbst infrage.

Gut ging es mir im Treppenhaus

und im Keller, als ich den Katalog von Anna Boghiguian „Period of Change“ von 2022, in den Händen hielt und darin blättern konnte (1946 in Kairo geboren) und auch Preisträgerin des Goldenen Löwen, ich denke für ihr Lebenswerk. Hier ihr Charakterkopf:

erfreuliche Nachricht

Screenshot

Diese mail hat mich sehr gefreut, ich habe nicht damit gerechnet. Von 451 Bewerbungen wurden 18 einjuriert.

Meine Publikation wird heißen: „was bleibt“. Es wird ein 72seitiger Katalog werden, in dem alle meine Projekte, Objekte, Installationen und Environments seit etwa 1980 enthalten sein werden. Das wird viel Zeit kosten, weil es teilweise noch analoge Fotografien sind, von denen ich die Negative heraussuchen muß.

Vielleicht verwende ich dieses Foto für den Titel. Es ist eine uralte Brosche meiner Großmutter, die samt dazugehörender Bluse, die natürlich vorher ein Kleid war, ca. 1944 mit im Fluchtgepäck war.

Geschlossene Gesellschaft

Dieser Begriff wurde mir beim Betreten des Elisabeth-Anna-Palais in Oldenburg in den Weg gelegt. Es stimmte alles, die Öffnungszeiten hatte ich eingehalten und die Ausstellung hing noch. Aber dort waren Tische aufgebaut in Erwartung einer Weihnachtsfeier für die Angestellten. Ich sollte am nächsten Tag wiederkommen. Der Begriff „geschlossene Gesellschaft“ verfolgte mich noch den ganzen Tag. Auch das Gefühl, nicht erwünscht zu sein, war kränkend. Kunst wird eingesetzt, um leere Flächen zu füllen; und wenn die Umstände andere sind, wird Kunst zur Nebensache.

Es kann sein, daß diese Abbildung in keinem Zusammenhang zu obigem Text steht. Wahrscheinlich eher zum kommenden Jahr 2024, das sehr unübersichtlich sein wird. Oder: rette sich wer kann! Heute mittag habe ich Teile der Ansprache von Papst Franziskus gehört und war beeindruckt von der Klarheit seiner Gedanken und Worte. Besonders über das, was Franziskus zur Rolle der Rüstungsindustrie sagte.

Gestern nach Bremen

Mit dem Schienenersatzverkehr (die Züge standen noch nicht dort, wo sie eigentlich morgens stehen sollten, Streik) nach Emden. Ich war erstaunt, daß schon zwischen 7 und 8 Uhr der Körper in Erwartung der Bremer Weihnachtsmärkte und des Werder Bremen Fußballspiels vorgeglüht werden muß. Der Zug wurde unerträglich voll und als sich ein junger Mann mit Bierflasche neben mich setzen wollte, habe ich protestiert. Es war aber alkoholfreies Bier. Der Lärmpegel stieg, in Oldenburg schlug der Schaffner vor, daß doch bitte Einige den Zug verlassen sollten und in einen anderen etwas weniger besetzten steigen möchten, damit er weiter fahren kann, wollte ich das tun, das war aber nicht möglich, da ich nicht zur Türe kam, die von einem holländischen Kinderwagen verstellt war, in dem ein kleiner Hund saß. Anscheinend hatten es aber andere Mitreisende zur Türe geschafft, denn die Fahrt ging weiter. ———- In Bremen wälzten sich die Menschenmassen, da war viel Grünes dabei, Richtung Innenstadt. Im Projektraum für Kunst RAUMPRO in der Knochenhauerstraße wurde ich sehr freundlich empfangen und ich konnte mein Päckchen da lassen. Etwa 80 Künstlerinnen und Künstler des BBK Bremen und der GEDOK Bremen werden das große leerstehende Ladenlokal bespielen unter dem Motto KUNST AM BAUM. Ich bin gespannt. ————

Gleich gegenüber vom RAUMPRO liegt die Konditorei Stecker mit einem nickendem Weihnachtsmann im Schaufenster:

Mit leichterem Gepäck quer durch die Innenstadt zur Weser und zum Kunstmuseum Weserburg. Die Ausstellung „Von De Stijl bis Boekie Woekie“ Künstlerpublikationen aus den Niederlanden ist für mich willkommenes Augenfutter.

Auf dem Rückweg zum Bahnhof quäle ich mich durch die Menschenmenge, die sich inzwischen vor den vielen Essbuden und Verkaufsständen versammelt. Später begegne ich noch der grüne Schals und grüne Sitzkissen tragenden Kolonne, die zum Weserstadion zieht, gleichzeitig mit einem Aufmarsch der hochausgerüsteten Polizei die in dieselbe Richtung marschiert. Das Ganze untermalt von der Predigt einer christlichen Vereinigung, die sich ganz tapfer behauptet. Wo waren eigentlich die Augsburger Fans?

Während der Heimfahrt, die ohne Probleme verläuft, geht mir eine Menge durch den Kopf. Ich stelle mir die Frage, warum ich diese Ausflüge in die Normalität mache und weiß die Antwort: damit ich nicht vergesse, daß es sie gibt.

Gestern in Bremen

Zuerst in die Kunsthalle Bremen, wo gerade eine sehr interessante Ausstellung mit dem Titel „GeburtstagsGäste“ läuft. Man feiert gerade das 200-jährige Bestehen des Bremer Kunstvereins. Und ich habe „Madame Cézanne im gelben Lehnstuhl“ besucht. Es kommt aus der Fondation Beyeler und war neu für mich. Außer vielen impressionistischen Kostbarkeiten wird in der Ausstellung auch die Debatte um den Einzug der französischen Moderne in die deutschen Museen thematisiert.

Auf dem Weg zurück begegnete ich der aktuellen Realität: mir kam eine gut gesicherte und in sich sehr gut organisierte Demonstration „free Gaza“ oder „free Palestine“ entgegen. Die Lautstärke der Wortbeiträge erschreckten und wirkten auf mich bedrohlich, zumal ich die teilweise arabischen Texte nicht verstand.

Weiter Richtung Güterbahnhof zur Finissage von „Be with us“ in der Spedition, beim Handelsmuseum 9, 23 Flinta Artists aus Bremen, Ausstellung und Kalender Release. Ich habe meinen Beitrag abgeholt und war von der Ausstellung, dem fertigen Kalender 24 und dem freundlichen Empfang wieder in meiner Welt zurück.

Diese kleine Arbeit hat den Titel „Dialog“, ist 2005 entstanden und ein Zinkhochdruck. Alle unbedeckten Flächen sind im Säurebad herausgeätzt und es bleibt nur die Zeichnung stehen, die dann wie ein Hochdruck eingefärbt und gedruckt werden kann.

40 Jahre Kunsthalle Lingen

Der Kunstverein Lingen wurde am 2.6.1983 durch Lingener Bürger gegründet. Aus diesem Anlass sind vom ehemaligen Leiter Heiner Scheppers und der jetzigen Leiterin Meike Behm insgesamt 40 Künstlerinnen und Künstler zur Ausstellung „40 Jahre – 40 Künstler:innen“ eingeladen worden.

Dieses große Bild von Ina Lindemann ist wirklich verführerisch schön und ließ mich darüber nachdenken, warum das so ist. Ich konnte mir das bis heute nicht beantworten. Dann gibt es noch ein anderes und zwar von Peter Thol aus dem Jahr 1997, das mit sehr berührt hat:

Ich hatte nur wenig Zeit, um mir die Ausstellung gründlich anzusehen, weil ich mit dem Zug weiterfahren wollte. Aber jeder auch zu kurze Besuch in der Kunsthalle Lingen ist für mich ein Genuss und ich bin froh, daß sie dem Bahnhof gegenüber liegt.

Auf der Fahrt nach Lingen hatte ich in Leer Station gemacht und mir die Ausstellung des Kunsthauses Leer mit dem Titel „Typisch Norddeutsch ?“ mit Helmut Feldmann und Ahlrich van Ohlen angesehen. Gut daß der Ausstellungstitel als Frage daherkommt. Ich denke, es gibt Kunst oder eben keine…

den Faden nicht verlieren – il filo rosso – le fil d’Ariadne – usw.

Auch so hätte der Titel unserer Ausstellung lauten können. Der Rote Faden heißt für mich Kontinuität in der künstlerischen Arbeit, also nicht aufgeben wegen widriger Umstände und immer wieder zurückfinden. Der Rote Faden ist aber ebenso sichtbar in den Werken, jedenfalls für mich selbst. Aus diesem Grund ist also eine Ausstellung immer wichtig, wenn auch mühsam. Beim Aussuchen der Exponate wurde mir das deutlich.

Die Ausstellung ist nun auf dem Weg, 19 Arbeiten konnte ich in den Räumen hängen. Ich hatte einen exakten Hängeplan ausgearbeitet, aber es sieht dann doch umgesetzt wieder anders aus. So wie doch manches wieder anders läuft als gedacht. Es passiert viel Unvorhergesehenes mangels guter Absprache oder aus anderen Gründen, die man nicht in der Hand hat.

Das Haus – das Palais – ist prächtig. Jedenfalls macht es bei der Ausstellungseröffnung diesen Eindruck. Im täglichen Gebrauch wird die Eingangsschleuse zum Haus wieder aufgebaut und verweist so auf die Umstände eines Sozialgerichts, in dem sicher keine leichten Fällen behandelt und entschieden werden müssen.

Ich wurde nach der Eröffnung angesprochen, ob ich mit der Einführungsrede zufrieden sei. Nach einer Denkpause wurde mir erst klar, daß ich dazu keinen Grund hatte. Mit Rücksicht auf die vieljährige Erfahrung und das hohe Alter des Redners war ich nicht in der Lage gewesen, die Rede auf Inhalt oder Informationswert abzuklopfen und ob auf meine Arbeitsweise fundiert und gut recherchiert eingegangen wurde.

Die Zeit bis zum Ausstellungsende werde ich nutzen, um meine Bestände zu sichten, zu lüften, auszusortieren, vom Keilrahmen zu nehmen, Ausschnitte als Erinnerungsstücke zu machen, also kurz und gut, ist das Kunst oder kann das weg? Auf diesen Befreiungsschlag freue ich mich, auch auf den Sommer…..

Es fehlen einige Fotos, weil sie in einem Video enthalten sind, das zum Hochladen zu groß ist. Kommt evtl. später.

Oldenburg, 22.11.2022

Dieses preisgekrönte Plakat fand ich in der Ausstellung „Grands Boulevards – Plakatkunst des Jugendstils“ im Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte im Oldenburger Schloss. Ich war die einzige Besucherin und fühlte mich ziemlich verloren in den oberen Etagen. Dort begegnete ich einem Angestellten, der anscheinend in den einzelnen Räumen die Beleuchtung für mich aktivierte. Auch das Prinzenpalais und das Augusteum, die zum Landesmuseum gehören, kamen mir ziemlich heruntergefahren vor. Aber die prächtigen Räume interessieren momentan niemanden mehr. Und als ich die einscheibigen Fenster sah, konnte ich mir vorstellen, in welchen Konflikten die Häuser feststecken. Vielleicht wäre es sinnvoll, diese Kulturdampfer stillzulegen, über neue Konzepte nachzudenken und viel Geld herbeischaffen, um sanieren zu können. Dann könnte man auch so lässig mit einem Ring am kleinen Finger der rechten Hand den guten Tabak genießen.