Theater Lazarett – gestern

80 Minuten Eike Schmidt beim Spielen zuzusehen ist eine großartige Sache. Vieles erwacht zum Leben: die kleine Rathausfassade: dort leuchtet ein Fenster auf, wenn dahinter die Ratsherren darüber diskutieren, was es mit dem Meeresungeheuer auf sich hat; die Nautilus, die als Modell über dem Aquarium steht, in dem sich die Forscher, Haie und anderes Getier tummelt, das mit dem eingesammelten Grünzeug verspeist werden kann; die kleine Südseelandschaft mit Palmen und dem Vulkan, der sich öffnet und Einblicke preisgibt; schließlich die Eislandschaft, in der die gestrandete Mannschaft aufgibt und wieder zurück zur Nautilus stapft. Das Spielen mit den kleinen wunderbar neutralen Körpern, aber mit Charakterköpfen und Stimmen (von Eike Schmidt) findet auf der gesamten kleinen Bühnenfläche statt, unterstützt von Lichteffekten, begleitender Musik und einer Erzählerstimme.

Als ich wieder nachhause fuhr und darüber nachdachte, warum mich diese Vorführung so begeistert hat, verpasste ich in Gedanken versunken eine Abzweigung und war deshalb länger unterwegs. Rechts und links gab es Feuerwerk.

Gestern in Emden – „Angelika Urban, Verkäuferin, verlobt“

Im Ostfriesischen Landesmuseum Emden lief u.a. während des Kurzfilmtages ein Dokumentarfilm von 1969/70 von Helma Sanders-Brahms „Angelika Urban, Verkäuferin, verlobt“. Angelika Urban wird bei ihrer Tätigkeit in einem Kölner Kaufhaus begleitet, kommt auch selbst zu Wort wie auch Helma Sanders-Brahms. Die Stimmen kommen aus dem Off, stehen aber im Zusammenhang zu den Aufnahmen. Es wird eigentlich in dem kurzen Film alles abgedeckt, was in den 70er Jahren eine Verkäuferin erlebte: die schmerzenden Füße in den „Absatzschuhen“, die Pausen und das Gerangel um die Festen Plätze, die Angst vor der Chefin, die Weiterbildungen zum Umgang mit den Kunden, die kurze Freizeit, das Wochenende, die Vorfreude auf das Eheleben und auf das „Eigene“. Der Kaufhausleiter legte eine Statistik vor, welche Altersgruppe von Verkäuferinnen tätig war und nach Jahren der Kindererziehung wieder zurück kam. – Ich bin überrascht über die Klarheit und Offenheit der jungen Verkäuferin und empfinde diesen Film als ein wichtiges Zeit-Zeugnis, auch weil ich diese Zeit sehr gut kenne. – Das folgende Foto ist ein screenshot des besprochenen Films.

Gestern Abend im Theater Lazarett, Aurich:

Nach der Novelle von Theodor Storm.

Eike Schmidt spielt dieses Stück mit seinem Körper, seiner Stimme, mit kleinen Darstellern, die eigentlich nur aus Kopf und wechselnden Stoffstücken bestehen, mit Geräuschkulissen, mit Wind und Nebelfetzen, mit Schatten und Licht, mit weiteren Projektionen (keine Ahnung wie das funktioniert), er zeichnet mit Wasser auf eine Leinwand und es entsteht plötzlich eine Deichzeichnung, er stellt auf Plattdeutsch das Stimmengewirr in einer Kneipe oder einer öffentlichen Sitzung nach, wobei er die Stichler und Hetzer und die Wegducker ganz genau herausgearbeitet hat. Zum Schluß wälzt sich das Meer als Folie über Mann und Maus.

Diese Vorführung hat mich begeistert und ich bewundere die künstlerische Umsetzung dieser Novelle , die nur mit hohem Einsatz aller, die für dieses Theater arbeiten, so grandios gelingen kann.

Szenenwechsel in der NEUEN GALERIE im Ostfriesischen Landesmuseum Emden

Es folgten sehr viele Künstlerinnen und Künstler und ihre Nachfahren dieser Einladung.

Beide Hauben wurden mir 2020 vom Landesmuseum zur Verfügung gestellt, ich konnte sie in die Hand nehmen, ihren Stoff und ihre Machart nachvollziehen, sie fotografieren und zeichnen. Da die linke Haube mit sehr feiner Stickerei verziert ist (samt Signatur) und die rechte Haube bedruckt ist und in der Machart viel robuster, habe ich diese Hauben zwei Personen von unterschiedlichem Stand aufgesetzt, die sich einander ansehen und durch ihre Kopfhaltung den Standesunterschied verdeutlichen. Leider wurden die im Depot befindlichen Hauben nicht für die Dauer der Ausstellung zu den beiden Bildern gelegt, was den Bezug dieser beiden Arbeiten zu den im Landesmuseum befindlichen Objekten klar herausgestellt hätte.

Viel Wind in der Johanna-Mühle in Emden

Diese Installation im Eingangsraum der Mühle von Inna Vytvytska bewegte sich mit den Durchzug, wenn beide Tore der Mühle geöffnet waren und hätten mir ausgereicht, um dem Thema „Wind & Wasser“ der Kulturwoche 2024 in der Johanna-Mühle nachzugehen. Das Wasser lieferten die Wolken.

Die Ausstellenden haben leider das imposante Mühlenbauwerk nicht miteinbezogen sondern nur benutzt. Und konnten so auch nicht an die Ausstellungen der vergangenen Jahre anknüpfen. Das ist schade.

Ein „begehbares Kunstwerk“ ist die Johanna-Mühle nicht gewesen.

Anne Imhof im Kunsthaus Bregenz „Wish You Were Gay“

Da ich 2017 im Oktober wegen eines Sturms meine Venedigreise absagen mußte, konnte ich die Performances von Anne Imhof im Deutschen Pavillon nicht sehen (sie bekam dafür den Goldenen Löwen). Deshalb war ich auf die Ausstellung in Bregenz sehr gespannt.

Der Zugang war für mich mühsam, obwohl ich einiges im Vorfeld gelesen hatte. Und ich war froh über das Motorrad, den still in der Gegend herumliegenden Helm und die auf Bänken liegenden Jacken. Auch daß ich auf einem der riesigen Bilder schemenhaft eine Figur entdeckte, die sich die Hand wie eine Pistole an die Schläfe hielt.

Die Inszenierungen auf den drei Etagen des Kunsthauses waren technisch unglaublich aufwändig und stellen sich durch das Ergebnis selbst infrage.

Gut ging es mir im Treppenhaus

und im Keller, als ich den Katalog von Anna Boghiguian „Period of Change“ von 2022, in den Händen hielt und darin blättern konnte (1946 in Kairo geboren) und auch Preisträgerin des Goldenen Löwen, ich denke für ihr Lebenswerk. Hier ihr Charakterkopf:

Helma Sanders-Brahms, geb. 1940 in Emden, + 2014, – ihre Filme – ihr Leben

Am 8.6.2024 begann eine sehr umfangreiche und aufwändige Ausstellung über die Filmemacherin und Autorin im Ostfriesischen Landesmuseum Emden. Die Ausstellung läuft noch bis zum 27.4.2025 und ist sehr sehenswert für alle die Interesse an Filmen haben, die sich mit deutscher Geschichte befassen.

Doch freue ich mich sehr über den Hinweis auf dieses Buch von Helma Sanders-Brahms.

Vatertag (Christi Himmelfahrt) 24 und die Folgen

zu besichtigen an einer Bushaltestelle in Grimersum.

Wogegen richtet sich diese Zerstörungswut? Gegen K. Barley, O. Scholz, gegen die Aussage auf diesem Plakat oder gegen die schlechten Busverbindungen? Oder wird einfach gerne auf Köpfe getreten? Hat niemand hinter den Gardinen der angrenzenden Häuser gestanden?

Aber nachdem ich den Galgen auf dem Traktor in Emden gesehen habe wundere ich mich nicht mehr.

erfreuliche Nachricht

Screenshot

Diese mail hat mich sehr gefreut, ich habe nicht damit gerechnet. Von 451 Bewerbungen wurden 18 einjuriert.

Meine Publikation wird heißen: „was bleibt“. Es wird ein 72seitiger Katalog werden, in dem alle meine Projekte, Objekte, Installationen und Environments seit etwa 1980 enthalten sein werden. Das wird viel Zeit kosten, weil es teilweise noch analoge Fotografien sind, von denen ich die Negative heraussuchen muß.

Vielleicht verwende ich dieses Foto für den Titel. Es ist eine uralte Brosche meiner Großmutter, die samt dazugehörender Bluse, die natürlich vorher ein Kleid war, ca. 1944 mit im Fluchtgepäck war.